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Chaetomium globosum Kunze 1817

Chaetomium globosum
28.3.2025

Warum eigentlich so lockig?

Die Gattung Chaetomium bietet ein anschauliches Beispiel, um zwei zentrale Begriffe der Mikrobiologie zu erläutern und gleichzeitig einen der beeindruckendsten Unterschiede im Vergleich zu anderen Schimmelpilzen zu verdeutlichen. Wie auf den Bildern (3-4) zu sehen ist, entstehen die Sporen der Gattung Chaetomium in sogenannten Perithezien – dies sind kugelförmige oder flaschenförmige Fruchtkörper (Askoma), in denen die Sporen (Asci) gebildet werden. Dabei handelt es sich um geschlossene Fruchtkörper und nicht um Sporenträger, wie sie bei den Gattungen Penicillium, Aspergillus oder auch Scopulariopsis vorkommen (siehe Definition Food and Indoor Fungi Sec. Ed. 2019).

Bild 1) Vorderansicht einer Reinkultur von Chaetomium globosum auf MEA-Agar, inkubiert bei 25 °C für zehn Tage. Für die morphologische Identifikation sind die typische olivgrüne Färbung der Perithezien im Zentrum der Kolonie charakteristisch.

Bild 2) Vorderansicht einer Reinkultur von Chaetomium globosum auf DG18-Agar, inkubiert bei 25 °C für zehn Tage. Die Kolonie erscheint insgesamt weißlich bis schwach braun und ist deutlich kleiner als auf MEA. Dies kommt daher, dass auf DG18 Agar keine Perithezien gebildet werden, die in der MEA-Aufnahme (Bild 1) für die Färbung sorgen.

Im Gegensatz zu Sporenträgern, die Sporen direkt in die Umgebung freisetzen, sind Perithezien geschlossene Fruchtkörper, in denen die Ascosporen zunächst gebildet und heranreifen. Diese geschlossene Struktur verhindert, dass die Sporen leicht durch den Wind verbreitet werden (Anemochorie), was bei anderen Gattungen wie Penicillium häufig der Fall ist. Die Ascosporen sind während ihrer Reifung, innerhalb des Peritheziums, vor abiotischen und biotischen Einflüssen geschützt.

Nun kommen die sogenannten Perithezienhaare ins Spiel. Diese starren Anhängsel, die außen am Fruchtkörper wachsen, erinnern in ihrer Form an wellige oder lockige Haare. Es ist denkbar, dass die Perithezienhaare dazu dienen, sich an Insekten zu verfangen, sodass ihre Bewegungen das Perithecium zum Aufplatzen bringen (siehe Bild 5; ein mechanisch aufgedrücktes Perithecium). Wenn das Perithecium aufplatzt, kann das Insekt gleichzeitig als Vektor für die Sporen fungieren (Zoochorie). Diese Hypothese könnte durch die Tatsache gestützt werden, dass Chaetomium globosum vergleichsweise große Sporen bildet, die nicht so leicht durch die Luft transportiert werden können wie die Sporen von Aspergillus oder Penicillium (ein Teilgrund warum Chaetomium in manchen Luftmessungen unterrepräsentiert ist).

Ansonsten stellt insbesondere die Art Chaetomium globosum ein nettes Beispiel für angewandte Mykologie dar. Verschiedene Forschergruppen aus China beschäftigen sich derzeit mit der Möglichkeit, Chaetomium globosum als natürliches Pflanzenschutzmittel zu nutzen. Studien haben gezeigt, dass Pflanzen, in denen Chaetomium globosum endophytisch (d.h. im Inneren der Blätter lebend) vorkommt, weniger anfällig gegenüber anderen Pilzinfektionen sind. Zudem scheint Chaetomium globosum ein lokaler Endophyt zu sein, der ausschließlich in den Blättern vorkommt und sich nicht über die Samen der Wirtspflanze verbreitet (im Gegensatz zu einem systemischen Endophyten). Diese Eigenschaft erleichtert die Kontrolle dieses „Biocontrol Agents“, da er nur auf den behandelten Pflanzen vorkommt (Microbiological Research Volume Ed. 2010 )

Der Vorteil von Endophyten liegt darin, dass Pilze, die endophytisch in lebenden Blättern vorkommen, diese nach dem Absterben des Blattes abbauen können. Dadurch haben sie einen direkten Zugang zu wertvollen Nährstoffen, was ihre Überlebens- und Wachstumschancen erhöht.

Medizinische Relevanz:

Gemäß TRBA 460 (2016:07) ist die Schimmelpilzart Chaetomium globosum in der biologischen Risikogruppe 1 eingestuft. Allerdings wird in der TRBA 460 auf eine abweichende Gefährdung für immunsupprimierten Menschen, sowie eine mögliche allergene Wirkung und eine mögliche Pflanzenpathogenität hingewiesen. Gemäß dem Atlas of Clinical Fungi (4. Auflage, 2020) kann Chaetomium globosum bei immungeschwächten Patienten Infektionen der Lunge und der Lymphknoten verursachen.

Chaetomium globosum
28.3.2025

Von der geringste Vergrößerung bis zur höchsten Vergrößerung

Bild 3) Nahaufnahm von gereiften Perithezien einer Chaetomium globosum Reinkultur auf MEA-Agar nach mehr als 14 Tagen Inkubation. Die Perithezien sind erst nach dieser Zeit vollständig ausgereift.

Bild 4) Lichtmikroskopische Aufnahme von Chaetomium globosum bei 100-facher Vergrößerung (zusätzlich digital vergrößert). Die ovalen Perithezien sind an ihrer braunen Färbung und den langen, leicht gewellten Perithezienhaaren gut erkennbar. Besonders deutlich ist die flaschenähnliche Form des unteren linken Fruchtkörpers, mit der abgeflachten und spitz zulaufenden Seite.

Bild 5) Lichtmikroskopische Aufnahme von Chaetomium globosum bei 400-facher Vergrößerung (zusätzlich digital vergrößert) eines mechanisch geöffneten Peritheziums. Das geöffnete Perithezium mit seinen Perithezienhaaren ist deutlich sichtbar. In der Bildmitte sind die bräunlichen, zitronenförmigen Ascosporen gut erkennbar.

Bild 6) Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Chaetomium globosum, mit Gold besputtert, bei etwa 742-facher Vergrößerung. Das Perithezium wurde entweder durch den Vorbereitungsprozess mechanisch zerdrückt oder während des Vakuumprozesses beim Sputtern beschädigt. Die raue Oberfläche der Perithezienhaare ist deutlich sichtbar.

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