Wissen, was drin ist:

Cladosporium sphaerospermum Penzig 1882

Das Schimmelpilze zu den bedeutendsten Organismen auf der Erde zählen, da sie in so ziemlich allen Stoffkreisläufen eine Rolle spielen, ist sicher hinreichend bekannt. Aber heute wollen wir am Beispiel von Cladosporium sphaerospermum auf zwei ganz besondere Einsatzgebiete von Schimmelpilzen eingehen.

Bioremediation – Schimmel als Umweltschützer

Derzeit finden weltweit Forschungsprojekte zum Einsatz von Cladosporium sphaerospermum in der sogenannten Bioremediation statt. Hierbei handelt es sich um den Einsatz von Organismen und Mikroorganismen zur Entgiftung von Habitaten. So konnte bislang nachgewiesen werden, dass Cladosporium sphaerospermum in der Lage ist Petroleum hydrocarbon (PAH´s) abzubauen (Hamad et al. 2021). Andere Forschergruppen konnte die Degradation von Polyethylen durch Cladosporium sphaerospermum nachweisen (Sathiyabama et al. 2024).

Cladosporium sphaerospermum
28.4.2025

Schimmelpilze auf der ISS

Aber was hat das mit der im Titel erwähnten ISS (International Space Station) zu tun?
Nun kommen wir zu den wirklich abgefahrenen Eigenschaften von Cladosporium sphaerospermum. Die auf den Abbildungen 3 und 4 gezeigten dunklen Konidiosporen werden durch die Einlagerung von Melanin dunkel gefärbt. Dieses Melanin ist häufig als Antwort gegenüber der UV-Strahlung der Sonne zu finden und erfüllt im Fall von Cladosporium sphaerospermum denselben Zweck. Nun konnte in einer Studie aus dem Jahr 2022 festgestellt werden, dass Oberflächen, die mit Cladosporium sphaerospermum bewachsen sind ionisierend Strahlung im Weltraum schlechter durchlassen als unbehandelte Oberflächen. Daraus folgen neue wissenschaftliche Experimente in denen der mögliche Einsatz von Cladosporium sphaerospermum und anderen Mikroorganismen zum Schutz von Mensch und Technik vor ionisierender Strahlung im Weltall untersucht wird.

Aber damit nicht genug, gegenüber der Kontrollgruppe auf der Erde konnte die im Weltraum untersuchte Kolonie eine um 21% gesteigerte Wachstumsrate aufweisen. Dies wird derzeit mit der sogenannten Radiotrophie erklärt. Was in Sci-Fi Filmen wie Godzilla absolut utopisch aussieht, wird hier Realität. Einige wenige Schimmelpilze scheinen in der Lage zu sein, ionisierende Strahlung als Energiequelle nutzen zu können und damit ihr Wachstum zu steigern. Dies erinnert stark an den pflanzlichen Prozess der Photosynthese wobei hier jedoch andere Wellenlängen des Lichts genutzt werden.

Es scheint also, dass uns Schimmelpilze auch bei den Vorhaben zur Exploration des Sonnensystems begleiten werden.

Bild 3) Lichtmikroskopische Aufnahme von Cladosporium sphaerospermum bei 400 facher Vergrößerung (plus nachträglich digitale Vergrößerung). Gezeigt ist ein durch mehrere Septen unterteilter Myzelstrang der mittig einen Sporenträger produziert. Der Sporenträger besitzt primäre und sekundäre Ramokonidien. Letztere bilden an ihren Enden die typischen kugeligen Sporen. Die Präparation derartig filigraner Strukturen für das Lichtmikroskop verlangt eine geänderte Probenvorbereitung. Das Klebepräparat wird vorsichtig von der Kolonie entnommen und mit der klebrigen Seite nach oben auf einen Objektträger gelegt. Nun erfolgt unter Zugabe von Baumwollblau die Einfärbung und das abspülen überflüssiger Sporen. Abschließend wird das Präparat mit einem Deckgläschen eingedeckelt.

Bild 4) Lichtmikroskopische Aufnahme von Cladosporium sp. bei 1000 facher Vergrößerung (plus nachträglich digitale Vergrößerung). Zuerkennen sind die deutlich zylindrischen Konidiosporen Ketten am Ende der jeweiligen Ramokonidie.

Taxonomie:

Die Schimmelpilzart Cladosporium sphaerospermum wurde erstmals 1882 von O. Penzig in der Michelia 2 beschrieben und veröffentlicht. Ungleich zu vielen anderen Schimmelpilzen ist diese Art im Laufe der Jahrzehnte nur ein weiteres mal unter der Gattung Torula beschrieben worden (Höhn 1927). Als Basionym (ursprünglicher Name) und zeitgleich gültiger Name, ist jedoch bis heute Cladosporium sphaerospermum etabliert (siehe mykobank.org Stand 04.2025). Wie schon bei einigen anderen Schimmelpilzen beschrieben, ist auch in diesem Fall das Artepitheton eine direkte Anspielung auf einer der charakteristischsten morphologischen Eigenschaften. Das lateinische „sphaero“ bedeutet Kugel und „spermum“ bezieht sich auf die Keimzellen. Daraus ergibt sich die Beschreibung der sehr runden und kugeligen Konidiosporen von Cladosporium sphaerospermum (siehe Abb 3).

Routineanalytik:

In der Routineanalytik spielt die Gattung Cladosporium häufig eine eher zwiespältige Rolle. Da es sich hierbei aus physiologischer Sicht um saprophytische Schimmelpilze handelt, ist die Gattung Cladosporium insbesondere in den wärmeren Jahreszeiten sehr stark in der Außenluft vertreten. Häufig sogar so stark in der Außenluft, dass es zu erheblichen Minderbefunden bei anderen Schimmelpilzen kommen kann. Ein starker Cladosporium Befund im Innenraum kann daher auf einen Außenlufteinfluss hindeuten und wird in aller Regel, aufgrund der für die Innenraumdiagnostik eingeschränkten Relevanz, nicht auf Artebene aufgelöst. Zumal eine Differenzierung von Cladosporium-Arten aufgrund von kryptischen Arten, Artkomplexen und nicht immer eindeutigen morphologischen Merkmalen in der Routineanalytik unverhältnismäßig aufwendig ist (eine zuverlässige Identifikation basiert auf der Sequenzierung der beta-tubulin Sequenz; Atlas of Clinical Fungi (4th Ed. 2020)). Es gibt jedoch sehr wichtige Ausnahmen. Zu diesen Ausnahmen zählt neben der hier betrachteten Art Cladosporium sphaerospermum auch die Art Cladosporium halotolerans. Genaugenommen handelt es sich bei beidem um Artkomplexe, es gibt also mehrere Arten die innerhalb der Komplexe subsumiert werden. Diese beiden Ausnahmen sind deswegen von erhöhter Relevanz, weil sie einen erhöhten Wasseranspruch (aW-Wert von 0,86 - 0,88) aufweisen und dadurch zu den anerkannten Feuchtigkeitsindikatoren im Innenraum zählen (Schimmelleitfaden 04.2024). Glücklicherweise lassen sich die beiden Arten / die Artkomplexe durch ihre vornehmlich runden Konidiosporen von den übrigen Cladosporium-Arten abgrenzen (Food and Indoor Fungi Sec. Ed. 2019). Daher ist es in der Routineanalytik zwingend erforderlich, bei einer hohen Cladosporien-Anzahl in Innenräumen über mikroskopische Präparate auszuschließen, ob es sich runde / kugelige Sporen (Abb.3) und damit um Feuchtigkeitsindikatoren oder um zylindrisch / ellipsoide Sporen (Abb. 4) und damit einen Außenlufteinfluss handelt. Bei Cladosporium sphaerospermum handelt es sich um eine sowohl kälte- als auch trockenresistente Art. Ein regelmäßiger Nachweis stammt daher von verschimmelten Fensterlaibungen oder auch aus Kühlschränken.

Aus biologischer Sicht lassen sich an der Gattung Cladosporium die sogenannten Ramokonidien erläutern. Worum handelt es sich hierbei und was ist das Besondere? Ramokonidien sind fertile, apikale Verzweigungen von Sporenträgern, die Konidiosporen produzieren und nach Zerfall selbst als keimfähige Konidie fungieren (siehe Definition Food and Indoor Fungi Sec. Ed. 2019). Der Grad der Verzweigung, die Färbung und auch die Komplexität (primäre und sekundäre Ramokonidien) sind dabei artspezifische Merkmale. Ramokonidien produzieren in aller Regel lange Sporenketten mit Konidiosporen, wobei ein interessantes Phänomen auftritt. Die basalen Konidiosporen sind häufig etwas länglicher / ellipsoider als die terminalen, die meist rund / kugelig ausgebildet sind. Die Sporenketten und Ramokonidien sind insgesamt sehr instabil und zerfallen vergleichsweise schnell. Ein Nachweis intakter Ketten oder Sporenträger kann somit immer ein Hinweis auf einen Befall im Umkreis der Probenahmestelle sein.

Medizinische Relevanz:

Gemäß TRBA 460 (2016:07) ist die Schimmelpilzart Cladosporium sphaerospermum in der biologischen Risikogruppe 1 eingestuft. Allerdings wird in der TRBA 460 auf eine abweichende Gefährdung für Menschen nach Organspenden, sowie ein hohes allergenes Potential hingewiesen. Gemäß dem Atlas of Clinical Fungi (4th Ed. 2020) wird Cladosporium sphaerospermum vereinzelt in Zusammenhang mit einer klinischen Prävalenz festgestellt. Hierbei handelt es sich jedoch um sehr wenige Einzelfall-Beispiele die nicht zwingend auf eine erhöhte Infektionsgefahr durch Cladosporium sphaerospermum hindeuten.

Cladosporium sphaerospermum
28.4.2025

Vorderseite einer Reinkultur auf MEA-Agar und auf DG18-Agar

Bild 1) Vorderseite einer Cladosporium sphaerospermum Reinkultur auf MEA-Agar. Sieben Tage bei 25 °C inkubiert.
Für die morphologische Identifizierung sind dabei sowohl die typische olivgrüne Färbung der Kolonie, als auch die furchen innerhalb der Kolonie, relevant. Diese Furchen sind ein gerade bei der Gattung Cladosporium häufig auftretendes Artefakt der artifiziellen Inkubation von Schimmelpilzen. Die Furchen entstehen, wenn der Schimmelpilz dem darunter liegenden Medium viel Wasser entzieht. Die Unterseite von Cladosporium Kolonien (hier nicht gezeigt) ist meist dunkelbraun bis schwarz und weist ebenfalls deutlichen Furchen auf.

Bild 2) Vorderseite einer Cladosporium sphaerospermum Reinkultur für sieben Tage auf DG18-Agar inkubiert. Die durch die Konidiosporen bedingte olivgrüne Färbung ist identisch zu den MEA-Platten. Einzig die beschriebenen Furchen sind etwas weniger prominent, vermutlich weil DG18-Agar eine geringere Wasserverfügbarkeit bietet als MEA-Agar.

Cladosporium sphaerospermum
28.4.2025

Rasterelektronen mikroskopische Aufnahme

Bild 5) Rasterelektronen mikroskopische Aufnahme von Cladosporium sphaerospermum mit Gold besputtert bei etwa 2902-facher Vergrößerung. Maßstabsbalken und rechts im Bild zeigt 20µm an. Zu erkennen sind sowohl primäre als auch sekundäre Ramokonidien. Letztere mit langen kugeligen Kondiosporen-Ketten. Weder die Konidiosporen, noch der Sporenträger zeigen die sonst üblichen Einbuchtungen und Dellen, die durch den Unterdruck des Vakuums entstehen. Dies kann auf einen höheren Innendruck der Zellen hindeuten.

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