Kontaminanten in Nahrungsergänzungsmitteln und pflanzlichen Rohstoffen
Kontaminanten
Kontaminanten spielen eine wichtige Rolle bei der Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln, zu denen Nahrungsergänzungsmittel zählen. Aber nicht immer gibt es für jedes Lebensmittel und jeden Kontaminanten einen gesetzlich festgelegten Höchstgehalt. Vor allem bei pflanzlichen Rohstoffen zur Verwendung in Nahrungsergänzungsmittel, die oft stark verarbeitete Extrakte sind, stellt die Beurteilung der Verkehrsfähigkeit in Bezug auf Kontaminanten unter Umständen eine Herausforderung dar.
Höchstgehalte für Kontaminanten in Lebensmitteln sind in der europäischen Verordnung (EU) 2023/915 festgelegt. Für das Endprodukt Nahrungsergänzungsmittel gibt es eine Handvoll Höchstgehalte in dieser Verordnung. Darunter für Schwermetalle Blei, Cadmium und Quecksilber, Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), und zuletzt hinzugekommen die Höchstgehalte für Pyrrolizidinalkaloide. Die Höchstgehalte beziehen sich ausschließlich auf die fertigen Nahrungsergänzungsmittel und sind nicht anwendbar für die einzelnen Rohstoffe.
In Entwürfen der EU-Kommission sind außerdem Höchstgehalte für aromatische Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH) in Nahrungsergänzungsmitteln im Gespräch. Wobei derzeit verschiedene Ansätze diskutiert werden.
Die Überprüfung der Kontaminanten in einem fertigen Nahrungsergänzungsmittel in Bezug auf die festgelegten Höchstgehalte ist aber nur der letzte Schritt in der Kette. Davor steht die Herausforderung die Rohstoffe als verkehrsfähig für die Verwendung als Zutat zu bewerten.
In der Kontaminanten-Verordnung wird in Bezug auf die Kategorien Früchte, Schalenfrüchte, Gemüse, Getreide, Ölsaaten und Gewürze auf die Definitionen der Verordnung 396/2005 verwiesen. Zutaten deren unverarbeitete Form im Anhang 1 der Verordnung 396/2005 oder der EU Pesticides Database zu finden sind, wie zum Beispiel Acerolapulver oder Artischocken Extrakte, lassen sich danach in entsprechende Kategorien der Kontaminanten Verordnung einordnen und ggf. unter Verwendung von Verarbeitungsfaktoren beurteilen. Sollten Verarbeitungsfaktoren angewendet werden, so müssen diese gemäß Art. 20 der Verordnung 2023/915 geeignet und begründet sein. Dabei gilt es bei Extrakten zu beachten, dass der Faktor nur die Verarbeitung von der Stufe, für die der Höchstgehalt direkt angewendet werden kann, bis zum Extrakt umfassen darf. Bezieht sich ein Höchstgehalt also bereits auf ein getrocknetes Produkt, so darf der Verarbeitungsfaktor nur für den Prozess vom getrockneten Produkt zum Extrakt nicht aber für den Prozess von der frischen Pflanze zum Extrakt angewendet werden.
Bei exotischeren Extrakten, zum Beispiel aus „Baobab“ (Adansonia digitata), gestaltet sich die Einordnung der ursprünglichen Pflanze ich eine Höchstgehaltskategorie deutlich schwieriger. Manche Pflanze lassen sich nicht wie oben beschrieben in eine der Kategorien einordnen, weil zum Beispiel kein anderer Verzehr dieser Pflanze als in Nahrungsergänzungsmitteln bekannt ist (Novel-Food Status: Nicht-Novel-in-NEM). Handelt es sich beim Beispiel des Baobab um einen Extrakt aus der Fruchtpulpe, lässt sich dieser als zugelassenes Novel Food und demnach als Frucht einordnen. Sobald aber andere Pflanzenteile wie die Blätter oder die Wurzeln für den Extrakt verwendet wurden, besteht der Status Nicht-Novel-in-NEM und damit wird eine Einordnung in die Kategorien des Anhangs der VO 396/2005 (z.B. als Tee oder Gewürz) fragwürdig.1
Was kann man also machen, wenn keine spezifischen Höchstgehalte zur Verfügung stehen? In diesen Fällen fällt die Beurteilung zurück auf die Stufe der Kontaminanten-Kontrollverordnung (EG 315/93). Nach Artikel 2 dieser Verordnung gilt folgendes:
- Es darf kein Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, das einen Kontaminanten in einer gesundheitlich und insbesondere toxikologisch nicht vertretbaren Menge enthält.
- Die Kontaminanten sind ferner auf so niedrige Werte zu begrenzen, wie sie durch gute Praxis auf allen in Artikel 1 genannten Stufen sinnvoll erreicht werden können.
Somit ist gemäß dieses Artikels der genannten Verordnung eine Risikoabschätzung auf Basis von toxikologischen Leitwerten notwendig: Für Cadmium oder Quecksilber gibt es beispielsweise sogenannte TWI-Werte (tolerierbare wöchentliche Aufnahme-Werte). Mit diesen toxikologischen Leitwerten kann berechnet werden, ob ein ermittelter Gehalt dieser Kontaminante die Sicherheit des Lebensmittels beeinträchtigt oder nicht. Problematisch bei Rohstoffen ist allerdings, dass die für die Berechnung geeignete Verzehrsmenge nur abgeschätzt werden kann, wenn der genaue Verwendungszweck der Rohware bekannt ist. Für andere Kontaminanten wie zum Beispiel PAK oder Blei konnten keine toxikologischen Leitwerte festgelegt werden, da diese zu den CMR-Stoffen zählen. Es sind Substanzen, die krebserregend (C, für cancer), mutagen (M) oder reproduktionstoxisch (R) sind. Für diese Stoffe kann keine sichere Dosis bestimmt werden. Daher gilt für diese Stoffe, dass bei Überschreitung eines Höchstgehaltes nicht nur ein nicht verkehrsfähiges Lebensmittel, sondern auch ein nicht sicheres Lebensmittel vorliegt. Wurden für derartige Stoffe noch keine Höchstgehalte in einer anwendbaren Kategorie festgelegt ist eine abschließende Beurteilung ohne ein toxikologisches Gutachten nicht möglich.
Einer dieser CMR-Stoffe ist Arsen. Diese Kontaminante spielt immer wieder eine Rolle in Nahrungsergänzungsmitteln. In der Kontaminanten Verordnung sind eine Reihe von Höchstgehalten für Arsen in anderen Lebensmittelkategorien als Nahrungsergänzungsmitteln im Bereich zwischen 0,01 bis 0,5 mg/kg festgelegt. Vor allem Nahrungsergänzungsmittel, die hauptsächlich anorganische Salze oder synthetische Inhaltstoffe enthalten, sind in Bezug auf anorganisches Arsen nur schwer zu beurteilen. Gemäß der Nahrungsergänzungsmittel RL 2002/46/EG müssen die in Anh. II zugelassenen Stoffe den Reinheitskriterien für Zusatzstoffe der VO 231/2012 entsprechen. Diese Verordnung gibt unter anderem auch Höchstgehalte für Arsen vor. Diese liegen im Bereich bis zu 3 mg/kg.
Ein Arsengehalt in einem Nahrungsergänzungsmittel über 3 mg/kg liegt über jedem verfügbaren Höchstgehalt im Lebensmittelrecht und dürfte damit eindeutig als potentiell nicht sicher gelten. Doch was ist mit Gehalten zwischen 0,5 mg/kg und 3 mg/kg? Hier wäre nur eine toxikologische Bewertung möglich. Allerdings gibt es keinen allgemeinen toxikologischen Leitwert. Daher ist es in diesen Fällen notwendig eine genaue Einzelfallbetrachtung durchzuführen und bei Rohstoffen den jeweiligen Verwendungszwecks zu berücksichtigen.
Ob Rohstoff für Nahrungsergänzungsmitteln oder Endprodukt, die Bewertung von Kontaminanten ist niemals trivial und fordert ein hohes Maß an Fachwissen im Lebensmittelrecht. Entscheidend ist es als Lebensmittelunternehmer sich seiner Pflichten bewusst zu sein und gewissenhaft auch über die festgelegten Höchstgehalte hinaus mögliche weitere Kontaminanten im Auge zu behalten. Denn letztendlich obliegt dem Lebensmittelunternehmer die Verantwortung für die Verkehrsfähigkeit und Sicherheit der in den Verkehr gebrachten Lebensmittel