GBA-Pharma-Chefin Elisabeth Lackner, Versenderin der Testpillen
Elisabeth Lackner hat einen Pharmadienstleister in Wien aufgebaut, der für Branchengrößen wie Bayer, Pfizer & Co. tätig ist. Unklare Brexit-Regeln könnten für weiteres Wachstum der GBA Group sorgen.
Elisabeth Lackner kennt sich mittlerweile gut aus in den Konferenzräumlichkeiten des legendären Luxushotels Westin St. Francis, das zentral am Union Square in San Francisco liegt und von dessen gläsernen Aufzug man die Stadt überblicken kann. Seit Jahren nimmt sie dort an der wichtigsten Pharmakonferenz teil, die das US-Investmenthaus JP Morgan immer Anfang Jänner organisiert. In den Gängen begrüßt sie Branchenkollegen aus aller Welt, verfolgt mit großem Interesse, dass sich auch heuer wieder etliche Vorstandschefs die Zeit genommen haben, um über die wichtigsten Pharma-Trends im US-Wahljahr zu reden. „Wir spielen mittlerweile so eine große Rolle , dass wir bei diesem wichtigen Branchenereignis auch vor Ort sein müssen“, erklärt die zierliche Pharmaunternehmerin selbstbewusst.
Lackner, studierte Pharmazeutin, hat in den letzten zehn Jahren den Pharmadienstleister ABF Pharmaceutical Services von Wien aus aufgebaut, der in einem Bereich groß geworden ist, den Pharmariesen immer öfter auslagern: Projektmanagement und Abwicklung klinischer Studien, wenn die Präparate erstmals an Patienten getestet werden. „Über unseren Tisch laufen mehr als 250 klinische Entwicklungsstudien, die wir für die weltgrößten Pharmaunternehmen, aber auch für aufstrebende Biotech-Firmen umsetzen“, sagt Lackner. So war die von ihr aufgebaute ABF mit Sitz im 23. Bezirk in Wien der erste Pharmadienstleister in Europa, der 2014 von Wien aus klinische Studien in der personalisierten Medizin umgesetzt hat. Konkret ging es um eine Immuntherapie gegen Prostatakrebs im Auftrag eines US-Biotech-Unternehmens. Andere wichtige Studienthemen sind derzeit Onkologie und zellbasierte Therapien.
Wiener Pharma-Dienstleister
Die größten Studien, die Lackner betreut hat, hatten bis zu 5.000 Patienten in mehr als 30 Ländern. Hier übernimmt ABF dann im Auftrag der Pharmafirmen den Import der Testpräparate, die Abfüllung und den Export zu den beteiligten Kliniken. „Wir müssen uns ein Konzept überlegen, das die Sicherheit der Patienten gewährleistet und die Kosten berücksichtigt“, sagt Lackner. Werden die Tabletten etwa in großer Stückzahl in Kanistern angeliefert, muss Lackner mit ihrem Team eine Verpackung finden, die die gleiche Wirksamkeit der Test-Präparate garantiert. „Wir testen dann, ob die Tablette genauso gut in einer Überkapsel wirkt, sie genauso stabil ist oder sich genauso gut auflöst“, erklärt die Unternehmerin. Verlaufen die Testergebnisse positiv, organisiert sie den Versand der Testpräparate und des identisch verpackten Placebos zu den beteiligten Kliniken in aller Welt. Eine besondere Herausforderung sind Studien zu seltenen Erkrankungen. „Hier kann es vorkommen, dass plötzlich ein Patient in Indien auftaucht und wir über Nacht eine Lösung finden müssen, wie wir das Testpräparat bis zum nächsten Tag sicher dort hin bringen“, erzählt sie.
In Österreich ist die ABF der einzige Komplettanbieter mit dieser speziellen Ausrichtung. Das ließ auch schon so manchen Kaufinteressenten anklopfen. 2016 etwa eine mittelständische deutsche Gruppe namens GBA Group, die zu den führenden Labor-Dienstleistern in Europa gehört und die mit der ABF in Wien ihren Pharmabereich stärken wollte. Dieses Mal entschied sich Lackner für einen Verkauf – und damit einhergehend für eine neue Karriereoption: Als Geschäftsführerin von GBA Pharma verantwortet sie heute rund 50 Millionen Euro Umsatz – und damit die Hälfte der gesamten Erlöse (siehe Kasten). Darüber hinaus ist sie an der Gruppe beteiligt, schweigt sich aber über die genaue Höhe aus. „Ja, ich bin beteiligt“, sagt sie. Ihre starke Position innerhalb der GBA resultiert auch aus dem dynamischen Wachstum des von ihr verantworteten Bereichs: „Wir legen mindestens zehn Prozent pro Jahr zu, das ist deutlich über Branchenschnitt“, sagt sie. Der Großteil der Aufträge kommt aus Europa und Nordamerika. Zunehmend wenden sich auch asiatische Kunden an Lackner, die in den nächsten drei Jahren über Akquisitionen eigene Dienstleister vor Ort aufbauen will. Damit schreibt sie auch im Pharmabereich die offensive Wachstumsstrategie fort, die die gesamte auch mit Private Equity finanzierte GBA Group prägt.
Brexit-Chaos
Ein Teil des Geldes floss zuletzt nach Wien, wo der Standort kräftig ausgebaut wurde. Dies geschah auch vor dem Hintergrund des Brexits und der sich daraus abzeichnenden Wachstumsmöglichkeiten. Denn mit dem Ende Jänner beschlossenen EU-Austritt Großbritanniens stehen viele Pharmafirmen quasi über Nacht vor einer Situation der Rechtsunsicherheit. So schreiben EU- Gesetze vor, dass Medikamente, die in der EU verkauft werden sollen, auch auf europäischem Boden produziert und gelagert werden müssen. Derzeit wird aber ein nicht unbeachtlicher Teil der Medikamente in Großbritannien hergestellt. Das führt bei vielen Auftraggebern zu großer Verunsicherung: „Wir haben schon zahlreiche Anfragen von Pharmafirmen erhalten, die überlegen, die Abwicklung ihrer klinischen Studien künftig nach Wien zu verlagern“, sagt Lackner, die eine gefragte Rednerin auf vielen internationalen Symposien zu den komplexen EU-Regularien ist. Zuletzt war sie in New York, demnächst geht es nach San Francisco. „Mutter bin ich übrigens auch noch und Ehefrau. Die Familie steht für mich natürlich an erster Stelle“, sagt die Managerin und verabschiedet sich lachend zum nächsten Termin.