Acrylamid
Acrylamid
Acrylamid ist eine Prozesskontaminante, die unbeabsichtigt bei der Verarbeitung oder Zubereitung von Lebensmitteln entsteht. Ursache für die Acrylamid-Kontamination ist die sogenannte Maillard-Reaktion. Es handelt sich hierbei um eine nicht-enzymatische Bräunungsreaktion, die durch Wärmezufuhr eingeleitet wird. Durch das Erhitzen eines Lebensmittels (über 120 °C) werden bestimmte Aminosäuren (z. B. Asparagin) und reduzierende Zuckerarten (z. B. Glucose und Fructose) zu neuen Verbindungen umgewandelt. Die aus der Bräunungsreaktion entstehenden Verbindungen sind enorm wichtig für die sensorische Wahrnehmung (Farbe und Aromen) des jeweiligen Lebensmittels, weshalb im Herstellprozess auf diese nicht verzichtet werden kann. Hierbei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass die Aufnahme von Acrylamid ein erbgutschädigendes und krebserregendes Potential haben kann.
Am 11. April 2018 ist die Verordnung der Europäischen Kommission (EU) 2017/2158 in Kraft getreten. Den Anstoß für die neue Regulierung von Acrylamid in Lebensmitteln gab die 2015 veröffentlichte Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Es wurde festgestellt, dass die Gesamtaufnahme über die Nahrung als bedenklich anzusehen ist, da Acrylamid in vielen Lebensmitteln und im Vergleich zu anderen krebsverdächtigen Substanzen teilweise in relativ hohen Konzentrationen vorkommt. Inwieweit die nahrungsbedingte Aufnahme von Acrylamid tatsächlich an der Krebsentstehung beim Menschen beteiligt ist, kann nach dem jetzigen Stand des Wissens nicht ausreichend beantwortet werden. Aufgrund des möglichen gesundheitlichen Risikos wird deshalb von der EFSA empfohlen, die Acrylamidgehalte in Lebensmitteln weiter zu senken. Mit der daraus resultierenden Verordnung wurden neben neuen, niedrigeren Richtwerten ebenfalls konkrete und verbindliche Vorgaben zur Minimierung von Acrylamid in Lebensmitteln wie Brot, Frühstückscerealien, Kartoffelchips oder Babykost festgelegt. Die Verordnung sieht für die verschiedenen Produktgruppen einen ganzen Katalog von Minimierungsmaßnahmen vor. Ziel der Minimierungsmaßnahmen ist es, differenziert auf die unterschiedlichen Lebensmittelgruppen und ihre Verarbeitung zu schauen, um möglichst niedrige Acrylamidgehalte zu erzielen.
Zusätzlich zu den Minimierungsmaßnahmen wurde durch die Verordnung die Verpflichtung zur Eigenkontrolle und Dokumentation eingeführt. Art und Umfang dieser Eigenkontrollen werden maßgeblich durch die jeweilige Prozess- und/oder Produktcharakteristik beeinflusst und sind demnach vom Lebensmittelunternehmer individuell festzulegen. Neben der Dokumentationspflicht sieht die Verordnung auch die jährliche „Information der zuständigen Behörden“ durch den Lebensmittelunternehmer vor. Hieraus erwächst die Verpflichtung zur Herausgabe von Informationen bezüglich der Ergebnisse der Eigenkontrollen zu Acrylamid auf Anfrage der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde.
Künftig sollen gesetzliche Höchstgehalte für Acrylamid in bestimmten Lebensmittelkategorien in die Verordnung (EG) 1881/2006 implementiert werden. Ein entsprechender Verordnungsentwurf SANTE/10478/2020 wurde von der Europäischen Kommission bereits vorgelegt. Nach diesem Entwurf werden neue Höchstgehalte für Säuglings- und Kleinkindernahrung festgelegt. Bei Keksen und Zwieback ist ein Höchstgehalt von 150 μg/kg und bei Babynahrung sowie verarbeiteten Lebensmitteln auf Getreidebasis (ohne Kekse und Zwieback) ein Höchstgehalt von 50 μg/kg geplant. Diese Höchstgehalte sollen plangemäß ab dem 01. Januar 2021 gelten. Allerdings sollen die im Anhang des Verordnungsentwurfs gelisteten Erzeugnisse, die vor dem 01. Januar 2021 rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, noch bis zum 01. Juli 2021 weiter vermarktet werden dürfen. Bei Fragen zum Verordnungsentwurf SANTE/10478/2020 und zu der Verordnung (EU) 2017/2158 stehen wir Ihnen als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Gerne führen wir für Sie auch eine Untersuchung von Acrylamid in allen relevanten Lebensmitteln mittels LC-MS/MS durch.
Quellen:
http://www.bsmev.de/resources/EU-Acrylamid-Verordnung/EU-Acrylamid-Verordnung.pdf
https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.2903/j.efsa.2015.4104
https://www.meyerscience.de/images/publikationen/SANTE-10478-2020.pdf